Wie ist das nun im Heimbüro?

„Oficina en casa“ sagt der Spanier, „bureau à domicile“ der Franzose, „hemmakontor“ der Schwede. Und der Deutsche? Käme sich bei „Heimbüro“ irgendwie erniedrigt vor. Dabei klingt es herrlich heimelig, nach Schlabberlook, Puschen, Laptop und Kräutertee. Wünscht sich doch jeder. Oder nicht? Was denken nun die, die es seit kurzem oder langem betrifft, übers „Schduwegeschaff“ – wie Mundart-Experte Michael Bleuel es nennt? Wir haben ein paar Fragen formuliert:“

1. Die wichtigste Erfahrung mit dem Homeoffice ist für mich persönlich, …
2. Woran ich mich nur schwer gewöhnen kann, ist ...
3. „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ (Karl Lagerfeld) Worüber hätten Sie beinahe die Kontrolle verloren?
4. Die Arbeit im Homeoffice hat mein Verständnis von Arbeit insgesamt verändert, insofern ...
5. Ihr Fazit in einem Satz?

Jutta Hamberger (60)
Fulda, Selbständige Beraterin in der Medienbranche, Teilweise schon immer im Homeoffice, komplett seit März 2020

1. … dass es so befreiend wie heimtückisch ist. Ich kann spätabends arbeiten und nachmittags bei den Rosenheim Cops vorbeischauen. Gefährlich wird‘s, wenn spätabends zu arbeiten die Regel wird und die Cops ein frommer Wunsch bleiben.
2. … dass nach einem Jahr mit Corona, Lockdowns und Homeoffice digitales Arbeiten immer noch als Notlösung gesehen wird. Digital ist das neue Normal.
3. Staffel 3, Folge 7 … Streichen Sie das „beinahe“! Binge Watching ist Katharsis.
4. … ich sehr oft an die Isländerinnen und den Frauenstreik von 1975 denken muss. Homeoffice scheint Frauen in ihren Anstrengungen um die gleiche gesellschaftliche Teilhabe wie Männer zurückzuwerfen. Übel.
5. Zwei Fazits: Man muss gut auf sich aufpassen und man muss kämpfen. Was durch Corona und Homeoffice an strukturellen gesellschaftlichen Schwächen bloßgelegt wurde, kann und muss man ändern.


Michael Schreiner (39)
Fulda, Lehrer, Haupt- und Realschulbereich, Im Homeoffice seit Weihnachten

1. ... dass wir uns alle durch die Nutzung der digitalen Medien weiterentwickeln.
2. ... dass man die Schüler/-innen hauptsächlich in Videokonferenzen erlebt.
3. Zu Hause von der Arbeit abschalten zu können, ist im Homenoffice eine Herausforderung.
4. ... dass ich auch in Zukunft verstärkt neue Medien in meinem Unterricht einsetzen werde.
5. Homeoffice in diesem Umfang war und ist eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Dennoch bin ich froh, wenn der Anteil sich hoffentlich bald wieder reduziert. Denn keine noch so gute und fehlerfrei laufende App kann das Miteinander im Klassenraum auch nur ansatzweise ersetzen.


Heike Swoboda (44)
Großenlüder, Finanzbeamtin, Schon vor Corona die halbe, Arbeitszeit im Homeoffice

1. ... dass meine Arbeitszeit noch flexibler wird und ich meine Aufgaben über den Tag verteilt erledigen kann. Auch die Betreuung der Kinder wäre ohne Homeoffice bedeutend schwerer gewesen.
2. ... dass man beim gemeinsamen Frühstück mit Kollegen und Kolleginnen nicht mehr die Arbeitssituation besprechen kann.
3. Über meine Figur. Die Nähe zum Kühlschrank und zu allerlei Süßigkeiten lässt mich schwer die Kontrolle über mein Essen behalten.
4. ... es nicht immer eine unabdingbare Anwesenheit am Arbeitsplatz erfordert, um gewisse Tätigkeiten auszuüben. Allerdings leidet die zwischenmenschliche Beziehung zu den Kollegen doch etwas.
5.  Homeoffice ist besser durchführbar, als es vor der Pandemie denkbar war. Der persönliche Kontakt zu den Kollegen ist für mich aber auch sehr wichtig und nicht zu ersetzen.


Laura Leilich (27)
Fulda, Rechtsreferendarin am LG Hanau, Im Homeoffice seit September 2020

1. ... dass es darauf ankommt, sich selbst zu organisieren und seinen Arbeitsalltag gut zu strukturieren.
2. ... der fehlende Kontakt mit meinen zuständigen Ausbildern und der ausbleibende Austausch mit meinen Referendarkollegen.
3. Ganz klar Online-Shopping! Obwohl man aktuell nicht mehr braucht als ausreichend Jogginghosen und Sweater.
4.  [Keine Angaben, da erst in der Ausbildung]
5. Im Fall meiner praktischen Ausbildung zur Volljuristin ist Homeoffice eine echte Herausforderung.


Uli Wehner (59)
Großenlüder, Lehrer in einer Förderschule, Im Homeoffice seit Weihnachten, Seine Frau sagt über das Homeoffice ihres Mannes:

1. ... dass mein Arbeitstag schöner wird, weil mein Mann Zeit und Lust hat, mir morgens die besten und lecker-kreativsten Stullen zu belegen. Jeden Tag. Und das seit Wochen.
2. ... dass dieser Stullen-Luxus ein Ende haben wird.
3. Über meinen Mann.
4.  ... als mir noch klarer geworden ist, wie wichtig es ist, strukturiert zu sein und zu Hause Arbeit und Freizeit nicht nur räumlich zu trennen. Der Job gehört nicht an den Esstisch.
5. Homeoffice ist kein Beziehungskiller – im Gegenteil.


Andree Literski (51)
Neuhof, Inklusionsberater für Kommunen, Im Homeoffice seit November 2020

1. … dass ich auch dort kreativ sein kann. Außerdem kann ich auch über Zoom, Teams oder andere Online-Wege wirklich gute Gespräche führen.
2. … dass ich auf dem Weg zur Kaffeemaschine keine Kolleginnen oder Kollegen treffe. Diese zufälligen Gespräche auf dem Flur oder Campus fehlen wir sehr.
3. Wenn ich als Kind zu lange vor dem Fernseher gesessen habe, hat meine Mutter immer behauptet, ich bekäme davon viereckige Augen. Mittlerweile merke ich, dass ich keine Kontrolle mehr über meine Bildschirmzeit habe und
deshalb die Befürchtung meiner Mutter bald eintrifft.
4. … dass ich merke, dass ich nicht für jedes Gespräch einen persönlichen Termin brauche. Das spart Zeit und ist auch besser für die Umwelt.
5. Ein bisschen Homeoffice wünsche ich mir auch in Zukunft, aber insgesamt freue mich darauf, wieder unbeschwert mit Kollegen in einem Raum arbeiten zu können.

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