Es liegt an uns
Vorwort von Hanno Henkel
Vorwort von Hanno Henkel
Es liegt an uns
Wie wird aus einer Stadt eine soziale Stadt? Modern formuliert: Wie wird aus einer Stadt eine inklusive Stadt? Denn inklusiv ist sie dann, wenn keine Menschen wegen irgendeiner Auffälligkeit oder Abweichung an den Rand gedrängt oder ausgebootet werden, weder im alltäglichen Leben noch im Arbeiten und Wohnen. Es scheint fast so, als sei Fulda diesen Schritt bereits erfolgreich gegangen. Wurde unsere Stadt doch schon im September 2015 als „inklusivste Stadt Deutschlands“ ausgezeichnet. Sie erinnern sich: Anlässlich des 111-jährigen Bestehens von antonius – Netzwerk Mensch verlor Geschäftsführer Rainer Sippel seine Stadtwette gegen den damaligen Oberbürgermeister Gerhard Möller. Dem war es gelungen, deutlich mehr als die 111 geforderten Beispiele für gelebte Inklusion zu präsentieren. Dies genügte der Jury des Deutschen Rekordinstituts in Berlin, Fulda diesen schönen Titel zu verleihen. Doch was ist davon geblieben? Nach der publikumswirksamen Vorstellung der vielen Best-Practise-Beispiele, die höchste Anerkennung verdienen, ist es ruhig geworden. In der Öffentlichkeit taucht das Thema „Inklusion“ kaum auf. Nur diejenigen, die es hautnah betrifft, kämpfen unermüdlich für mehr Teilhaberechte, auch wenn es immer nur in kleinen Schritten vorwärts geht. Doch engagieren sich auch die politisch Verantwortlichen? An dieser Stelle könnte man jetzt das übliche Lamento anstimmen: Von der Unfähigkeit der Verwaltung, von fehlender Kreativität und Bürgerferne, und so weiter und so weiter … Doch lassen Sie uns diesen ausgetretenen Pfad für einen Moment verlassen (ohne die politischen Akteure aus ihrer Verantwortung zu entlassen) und noch einmal auf die beeindruckenden Beispiele von 2015 schauen. Wer wurde da eigentlich ausgezeichnet? Es waren Aktive aus Sportvereinen, Unternehmer und Betriebe aus der Region, Schülerinnen und Schüler – mithin ausschließlich engagierte Privatleute. Menschen, die sich haben anstecken lassen. Menschen, die die Lösung wichtiger Herausforderungen nicht der öffentlichen Verwaltung überlassen, sondern ihr Herz in die Hand nehmen, Mitmacher suchen und zur Tat schreiten. Die große Vision einer sozialen Stadt verwirklicht sich offenbar gerade durch die kleinen, alltäglichen und oftmals ganz selbstverständlichen Hilfeleistungen, wie sie unter Nachbarn üblich sind. Man könnte sagen, dass nachbarschaftliche Solidarität die Keimzelle einer inklusiven Stadt ist. Jetzt und in Zukunft. Es liegt also an uns, an jedem einzelnen. Diesem Gedanken wollen wir im vorliegenden Heft nachgehen. Dabei beleuchten wir Nachbarschaft von sehr verschiedenen Seiten aus, stellen Initiativen vor, lassen einen Stadtplaner zu Wort kommen und vieles mehr – wie immer. Und natürlich verbindet sich damit wieder die herzliche Aufforderung zu Ihrem Seitenwechsel: Schauen Sie sich in Ihrer Nähe um! Und wenn Sie schon ein guter Nachbar sind, bleiben Sie dabei.
In diesem Sinne
Ihr Hanno Henkel & das Redaktionsteam