Herr Mayr, warum machen Sie das?

Nein, vermutlich kennen Sie Theodor Mayr nicht. Der Hamburger Kaufmann entwickelt und errichtet bundesweit u. a. Gebäude für Büros und Einzelhandel.

Als Unternehmer macht er, was seine Aufgabe ist: etwas zu unternehmen. Auch hier in Fulda hilft er Menschen. Wir haben ihn nach seinen Motiven gefragt, und er erzählt unter anderem von einem nicht alltäglichen Seitenwechsel.

Wer sich im Internet über Theodor Mayr schlau machen will, findet kaum eine Spur …

Mayr: Ich spüre und erlebe die Dynamik, die sich mit der Digitalisierung abspielt. Die Daten, die wir freiwillig oder auch ungewollt in die Welt der digitalen Systeme senden, sind Produkte eines eigenständigen neuen globalen Marktes geworden. In dieser digitalen Welt hinterlassen wir überall unsere Spuren, und das werden immer mehr. Jüngere Generationen sind die Recognition längst gewöhnt, wir älteren nicht. Es ist unter dem Aspekt von persönlicher Freiheit und von Privatheit sehr bedenklich, was sich da abspielt, vor allem wenn Sie das Ende in den Blick nehmen. Deshalb sind wir da sehr zurückhaltend.

Wie viele Mitarbeiter hat ihr Unternehmen?

Mayr: Wir haben zusammengenommen ca. 500 Mitarbeiter in den verschiedenen Unternehmen.

Sie haben antonius – Netzwerk Mensch mit einer großen Summe unterstützt. Mit dem Geld wurde der zentrale Gemeinschaftsplatz im Areal neu gestaltet und das LadenCafé restrukturiert. Warum machen Sie das?

Mayr: Der Impulsgeber war meine Frau. Wir haben seit Jahren anonym ins Ausland gespendet, was meiner Frau oft nicht gefiel, weil sie nicht wusste: Wo geht das Geld hin? Kommt es beim Empfänger tatsächlich an? Wie wird es verwendet? Zum antonius Netzwerk sind wir durch die Familie Rhiel gekommen, die wir schon lange kennen. Zunächst haben wir uns genau informiert. Bei unserem ersten Besuch war keineswegs sicher, ob wir spenden wollen. Aber wir hatten uns vorbereitet für den Fall, dass es uns gefällt. So war es dann. Von großer Bedeutung war, dass hier starke Bemühungen spürbar sind, Menschen, die mit einer Behinderung zur Welt kommen, in das normale Leben bzw. in die Gemeinschaft einzugliedern. Auch, dass das Haus gut geführt wird, sowie die Art, wie es sich nach außen darstellt. Die Natürlichkeit der Menschen, und auch wie sie miteinander umgehen, die Herzlichkeit, die hier vorhanden ist – das sind Aspekte, die uns gefallen haben.

Würden Sie sagen, dass es eine besondere Rolle von Unternehmern für eine humane Gesellschaft gibt?

Mayr: Wo soll man da bei einer solchen Frage ansetzen? Wir sind ein mittelständisches Familienunternehmen, auch meine beiden Söhne arbeiten in der Firmenleitung. Bei mir steht die Tür ständig offen, jeder Mitarbeiter kann reinkommen, wenn er möchte. Viele Dinge in einem so großen, im Markt agierenden Unternehmen können sie nicht exakt vorher planen. Aber die Kapitalverwendungen können Sie beeinflussen, ebenso die Entwicklung der Mitarbeiter. Und mit dem, was entwicklungsfähig ist, muss man behutsam umgehen. Die Mitarbeiter sind unser höchstes Gut. Bei uns fühlt sich jeder wohl, das ist ähnlich wie im antonius Netzwerk.

Unser Gewinnstreben ist gar nicht so ausgeprägt, sondern ein Gewinn bleibt übrig! Er entsteht, weil man mit den Ressourcen, die man zur Verfügung hat, v. a. mit den Mitarbeitern, so umgeht, dass sie verantwortungsbewusst handeln und nicht etwa sagen: „Heute ist Montag, da bleib ich mal zu Hause.“ Denn dann müssten Andere die Sachen für sie mit erledigen. Solche Verhaltensweisen kenne ich bei uns nicht. Bei Ihnen ist es sicher ähnlich. Sie führen diese Einrichtung ja auch nach unternehmerischen Kriterien, soweit das in einem Sozialunternehmen möglich ist. Nur steht bei Ihnen nicht der Gewinn als Zielgröße, sondern das Wohlbefinden der Menschen, und das ist mindestens ebenso wichtig. Das ist gewissermaßen der Profit, den Sie erzeugen. Bei antonius spürt man, dass die christliche Nächstenliebe auch tatsächlich gelebt wird.

Wurzelt Ihre Spendenbereitschaft auch in einer christlichen Haltung?

Mayr: Das ist schon so. Die christliche Haltung spielt in meinen Leben eine wichtige Rolle.

Ihr soziales Engagement scheint also die logische Konsequenz aus der Art zu sein, wie sie ihr Unternehmen führen

Mayr: Sicherlich auch aus unserer Einstellung und aus unserem Engagement für die Menschen im Unternehmen rührt eine grundsätzliche Spendenfreudigkeit für gesellschaftliche Belange her. Es ist auch so, dass wir immer dann spenden, wenn es die wirtschaftliche Lage zulässt. Wir stellen immer einen bestimmten Etat zur Verfügung, den meine Frau verwaltet. Wenn die Geschäfte mal besonders gut laufen – wobei unsere Mitarbeiter immer am Erfolg beteiligt werden –, ist es auch mal ein bisschen mehr. Weniger ist es noch nicht geworden, aber das kann ja auch mal sein. [lacht]

Was möchten Sie durch ihre Spende anstoßen?

Mayr: Ich erwarte und erhoffe, dass Sie ihr Netzwerk zum Wohle der Menschen noch mehr ausdehnen können. Und ohne finanzielle Mittel geht das nicht.

Informieren Sie sich im Nachgang, was mit dem Geld passiert ist?

Mayr: Ja. Denn allgemein und ohne konkrete Projekte spenden, wo dann möglicherweise noch ein riesiger Verwaltungsaufwand dahinter steckt, das möchten wir vermeiden. Klar, hinter jeder Einrichtung muss eine vernünftige Verwaltung stecken, aber es gibt Verwaltungen, die haben sich aufgebläht. Da versickert oft mehr Geld, als bei den hilfsbedürftigen Menschen ankommt.

Hat sich für Sie persönlich etwas durch diese Spende verändert?

Mayr: Nicht wirklich, das Geheimnis am Spenden ist aber – und da glaube ich, dass Gottes Segen wirkt: Wir erhalten viel mehr zurück, als wir geben. Das ist nicht das Ziel, aber es ist ein Geschenk, das man nicht messen und auch nicht mit Worten ausreichend beschreiben kann. Man erlebt es nur immer wieder. Deswegen soll und muss ein freiwilliger Spender sich auch dabei von den kaufmännischen Kategorien des „Soll und Haben“ lösen. Allein das Menschliche ist der zentrale Aspekt. Wir als Außenstehende wissen ja zunächst gar nicht: Wie geht man mit Behinderung um? Je öfter man hierher kommt, desto besser gelingt das. Und wenn ich jetzt jemanden im Rollstuhl sitzen sehe, betrachte ich das aus einem ganz anderen Winkel. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Wir bauen ja auch neue Gebäude. Und wir haben früher nicht richtig darüber nachgedacht. Es gibt Bauvorschriften für behinderte Menschen mit Rollstühlen. Das war für uns oft ein ungeliebter Kostenfaktor. Heute schaue ich selber genau auf die Planung und frage: Ist das behindertengerecht? Passt das? Auch das ist ein Beispiel dafür, auf welche Art man etwas zurückbekommt.

Da hat sich also ihr Blick verändert – ein echter Seitenwechsel?

Mayr: Ja, wir hatten gerade ein Beispiel, da kostete uns die Maßnahme des behindertengerechten Umbaus ca. 30.000 Euro. Und das machen wir nun überzeugend gern und mit einem neuen Bewusstsein.

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