Lachen erlaubt?

von Arnulf Müller

„Warum sitzen in einem Behindertenkonzert die Glatzköpfigen immer vorne? Damit die Einarmigen in der zweiten Reihe auch was zum Klatschen haben.“ Der eine ist entsetzt, der andere lacht sich schlapp. Darf man über Behinderte Witze machen? Wir stellen ein paar Täter vor.

Carl Josef Statnik

Gerade mal 14 Jahre alt und muskelkrank rollt er auf die Night-Wash-Bühne.  „Guten Abend, ich seh's euch an: Ihr fragt euch jetzt alle dasselbe, und ich weiß, ich muss es ansprechen: Ja, ich bin ... Single“. Innerhalb einer Woche wurde sein Auftritt 4 Millionen mal geklickt, hauptsächlich von jungen Leuten. Auf die ist sein Programm The Hype is Wheel zugeschnitten. „Meine Krankheit zwingt mich, den ganzen Tag auf einem Stuhl zu sitzen und in einen Bildschirm zu starren. Kurz gesagt, ich leb dasselbe Leben wie ihr auch.“ Wenn die Leute nach Hause gehen, haben sie kapiert: Mitleid ist fehl am Platz.

 

  

Chris Tall

Fachmann für Stand-up-Comedy im RTL-Sumpf, hat keine Behinderung. Trotzdem besteht er darauf, Witze über Schwarze oder Behinderte machen zu dürfen. Seine Botschaft: Wer keine Witze über Behinderte macht, weil sie behindert sind, diskriminiert sie. Wer keine Witze über Schwarze macht, weil sie schwarz sind, ist Rassist. „Ihr müsst Witze über alle machen!“ Nach einem Auftritt in 2016 ging eine Debatte los, einige sahen es anders. Aber auch, wenn man Chris Tall nicht so toll findet: Er hat recht. Menschen machen nun mal Witze übereinander und in dieses Spiel sollte auch jeder einbezogen werden dürfen. Dass Witze nicht verletzen sollten, gilt sowieso für alle.

 

Martin Fromme

„Gibt es eigentlich Ermäßigungstarife für Stotterer bei der Sex-Hotline?“, fragt  Martin Fromme, der gern mal unter die Gürtellinie zielt. Anfänglich war für den routinierten Comedian Behinderung kein Thema, obwohl er selbst eine Contergan-Schädigung hat. Erst später ging er in die Offensive und erklärte den irritierten Zuschauern, dass sein Stummel mit den Mini-Knubbeln eine wertvolle Schnitzarbeit aus dem Erzgebirge sei. Dass Behinderte auf der Bühne Witze über sich selbst machen, sieht er als Übergang: Sein Ziel ist es, sich abzuschaffen. Behinderung soll so normal sein, dass die Leute solche Witze nicht gemein, sondern langweilig finden.

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