...wenn man trotzdem...
Editorial
Wieso glaubt eigentlich alle Welt, dass man den deutschen Humor daran erkennt, dass es ihn nicht gibt?
Möglicherweise liegt es daran, dass wir eher mit dem Ernst der Reformatoren, den niemals lachenden preußischen Militaristen und den nicht witzigen Nationalsozialisten identifiziert werden als mit Karl Valentin, Heinz Erhard oder Gerhard Polt. Doch sei's drum: Halten wir uns nicht damit auf, darüber zu grübeln, ob es nationale Eigenheiten von Humor gibt. Lassen Sie uns lieber mit der Feststellung beginnen, dass unsere Landsleute natürlich humorvolle Wesen sind.
Humor ist ohnehin von seiner Wortherkunft eigenartig. Es hat mit Erde (lat. humus) und Feuchtigkeit (lat. umor) zu tun. Diese Herkunft gibt einen Hinweis darauf, dass – entsprechend einer lange gültigen medizinischen Auffassung über Körpersäfte im menschlichen Inneren – eine ausgeglichene Verteilung eben jener Säfte zu einem „good humor“ führen, jener heiteren Gelassenheit, die Menschen befähigt, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken einigermaßen ungefährdet zu trotzen.
Die Biowissenschaft hat sich zwar daran versucht, etwas Substantielles zum Thema zu liefern – im Wesentlichen jedoch ohne Erfolg. Jedenfalls ringt einem die jüngste Definition, dass Humor ein „akustischer Hinweis auf einen unbemerkten Rückfall in einfachere Verhaltensmuster“ sei, noch nicht einmal ein müdes Lächeln ab. Wahrscheinlich bleibt es dabei, dass es bislang nur einen Forscher gab, der etwas Bedeutendes herausgefunden haben soll. Der habe sich aber geirrt.
Bleibt also: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Dieses „trotzdem“ verdient allerdings besondere Beachtung. Denn Humor verbindet Schwäche und Stärke auf eigentümliche Weise. Ein Lachen verweist nur dann auf Humor, wenn es in einer Situation der Gefahr oder des Scheiterns auftritt, sich nicht gegen Dritte richtet und eine noch so kleine Hoffnung auf die Überwindung der Krise vermittelt.
Das sehen offenbar auch viele Leser unseres SeitenWechsels so. Ihre Antworten auf unsere Fragen finden Sie in diesem Heft. Günther Elm stand für ein ausführliches Interview zur Verfügung: Humorvoll – wie auch sonst – erzählt er vom Fuldaer Humorgeschehen in früheren Tagen, vor allem innerhalb der Fuldaer Fastnacht. Ob es einen Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Humor gibt, was es mit der Schadenfreude auf sich hat und wie tiefgründig man über das Lachen nachdenken kann – all dies finden Sie bei uns.
Und wenn auch Humor vielleicht nicht erlernbar ist, so setzt er doch neben Geist und Witz vor allem ein großes Maß an Herzensgüte voraus, an Geduld, Nachsicht und Menschenliebe. Genügend Anlässe zu eigenen Seitenwechseln - wie immer.
Ihr Hanno Henkel
mit dem Redaktionsteam