Wir zeigen ’s Ihnen...
Erika Mechler und Andreas Sauer erklären Ihnen heute: ´S Fledermauszählen im Klartext…
WIR ZEIGEN`S IHNEN
Von 1889 an keuchten fast hundert Jahre lang Dampfloks durch den Milseburgtunnel. Noch heute ist die Decke mit Ruß verkrustet, doch das stört die Fledermäuse nicht. Hier finden sie, was sie im Winter brauchen: Ruhe, gleichmäßige Temperaturen und kleine Nischen. Unsere SeitenWechsel-Redakteure haben sich in das düstere Gewölbe hineingewagt, um Fledermausfreunde bei der Zählung zu unterstützen.
Erika: kursiv ; Andreas: normal
Es begann schon lustig morgens früh. Das Auto war völlig vereist und wir hatten keinen Eiskratzer.
Als wir am alten Bahnhof ankamen, war alles tief verschneit. Wir haben erst mal die Leute begrüßt.
Der Hessenforst war da, eine Marktkorbreporterin und die Leute vom Fledermausschutz Fulda. Ganz verschiedene Leute. Auch den Joachim Walter vom Biosphärenreservat konnten wir begrüßen. Er hat uns letztes Jahr die Krebse gezeigt.
Der Chef vom Fledermausschutz, der Stefan Zaenker, hat erzählt, dass die Fledermäuse Ruhe brauchen. Er hat uns erklärt, wie wir uns verhalten müssen.
Im Winter machen die Fledermäuse Winterschlaf und sollen nicht aufwachen. Wenn sie die Körpertemperatur der Menschen wahrnehmen, erwachen sie aber. Deswegen sollen nicht so viele Menschen unter den Tieren zusammenstehen, denn sonst verstärkt sich die Wärme, und die Fledermäuse denken, der Frühling ist da.
Wir mussten zunächst durch den dicken Schnee stapfen, um zum Tunneleingang zu kommen. Das war mühsam. Der Joachim Walter hat eine Leiter da-
beigehabt und ist durch eine Luke hineingeklettert.
Er hat das Tor von innen aufgemacht.
Da habe ich Angst um ihn gehabt. Die Luke war sehr hoch.
Dann waren wir also drin.
Wo die Fledermäuse wohnen.
Hoehlenmensch Stefan Zaenker kennt sie alle
Der Stefan Zaenker hat uns drauf hingewiesen, unsere Taschenlampen anzumachen. Es war ja auch wirklich dunkel. Im Sommer ist der Fahrradweg beleuchtet. Im Winter ist das Licht aus. Die Lampen wären für die Fledermäuse vermutlich auch zu warm.
Wir sollten die kleinsten Ritzen absuchen. Das war für mich wegen meiner Hornhautverkrümmung sehr schwer. Trotzdem habe ich die Fledermäuse von Nahem erlebt. Sie hängen sich gerne an Decken und Wänden fest. Im Tunnel gibt es auch so eine Art Vogelkästen, aber eben für Fledermäuse. Das sind Betonsteine mit Ritzen.
Immer wenn einer eine Fledermaus gefunden hatte, wurde Stefan Zaenker gerufen. Der hat das in einen Block geschrieben.
Was ich interessant fand: Im Milseburgtunnel gab es nicht nur Fledermäuse, sondern auch Falter und Spinnen. Zwei Leute haben in den Nischen Schmetterlinge und Spinnen gezählt. Die Kleine Höhlenspinne gab es ganz oft. Die wurde auch eingefangen. Das war wie in einem Chemielabor: In einem Fläschchen war Spiritus drin. Die Spinnen wurden durch den Alkohol angezogen, und man konnte sie fangen. Das durfte ich dann auch mal machen.
Für mich war das interessant, mal mitzuerleben, wie das bei den Fledermäusen ist. Aber ich hatte auch so ein Gefühl. Ich dachte, die greifen den Menschen in die Haare. Aber der Herr Zaenker hat gesagt, dass das gar nicht stimmt.
Wie die Fledermäuse da hängen, das war schon gruselig.
Die haben den Kopf nach unten und die Beine nach oben. Die Schwerkraft hängt bei ihnen an den Füßen. Deshalb müssen sie sich festkrallen.
Wenn ich so lange auf dem Kopf stehen müsste, ich käm damit nicht durch.
Warum hat die eine Fledermaus eigentlich so lange Ohren und andere nicht?
Es gibt halt verschiedene Arten: die Wasserfledermaus, die Mopsfledermaus, das Große Mausohr, das Braune Langohr und andere. Weil der Tunnel so hoch ist hab ich immer nur ein Stück Fell gesehen. Der Stefan hatte einen roten Grubenhelm mit einer Lampe drauf. Mit dem Fernglas hat er meistens gleich gesehen, was es für eine war. Manchmal musste auch er genauer hinsehen. Bei der Mopsfledermaus berühren sich beiden Ohren unten wie so zwei Kopfhörer. Das Braune Langohr erkennt man an den großen Ohren, die im Winter unter die Flügel geklappt werden, und dem braunen Fell. Besonders interessant fand ich die Wasserfledermäuse. Die sahen ganz anders aus.
Mopsfledermaus
Kalt war mir eigentlich nicht, aber die Temperaturschwankungen von oben nach unten im Tunnel – da war ich platt. Der obere Eingang war bei plus drei Grad, der untere bei plus acht. Unten war es also kälter, weil die warme Luft nach oben steigt. Die Fledermäuse fühlen sich in den kälteren Zonen wohler. Denn wenn es im Winter mal wärmer wird, würden sie im oberen Teil aufwachen und unnötig Energie verbrauchen.
Wenn Zählung ist, werden sie nur ein bisschen gestört und wachen selten auf. Wenn, dann müssen sie austreten, wie die Menschen auch. Einmal hab ich gesehen, da musste eine Fledermaus dringend und konnte es nicht mehr einhalten. Das ist dann nun mal an der Wand runtergelaufen.
Danach schlafen die aber wieder weiter.
Es wird alles genau abgesucht, damit die Zählung auch stimmt. Das hat bestimmt zweieinhalb Stunden gedauert. Wir mussten alle kleinen Ritzen absuchen. Als es zu Ende war, sind wir durch den ganzen Tunnel wieder zurück. Als wir herauskamen hat die Sonne geschienen. Da habe ich gedacht: Hoffentlich kippst du jetzt nicht um! Es war eine große Temperaturschwankung, das war unglaublich.
Draußen hat der Stefan sein Buch herausgeholt und die Striche gezählt. Wir haben acht verschiedene Arten entdeckt. Und die Zahlen haben sich verändert. Die Mopsfledermaus gab es in den Jahren 2011/2012 am wenigsten. Doch von da an ging es steil bergauf. Gezählt wird seit 2002/2003. Man wollte wissen, ob der Radweg die Fledermäuse stört. Aber es wurde festgestellt: Die Bestände wurden größer. Und die Mopsfledermaus, die vom Aussterben bedroht ist, nimmt auch zu. Herr Zaenker hat erklärt: Früher haben die Menschen auf den Feldern giftige Insektenschutzmittel versprüht. Dadurch ist der Bestand zurückgegangen. Heute hat man bessere Schutzmittel, und die Bestände erholen sich wieder.
Aber wenn die jetzt aussterben: Gibt es dann wieder Nachwuchs?
Nein, Erika, wenn eine Art ausgestorben ist, ist sie weg. Die Fledermäuse bekommen im Durchschnitt immer nur ein Fledermausbaby. Das ist so groß wie eine Kaffeebohne. Das sind ja Säugetiere, das heißt, sie legen keine Eier. Die Paarungszeit ist im Oktober/November. Aber das Weibchen behält den Samen bis zum Frühjahr in sich ...
... und dann erst wird die Eizelle befruchtet. Das können auch mal Zwillinge werden.
Auf der Suche...
Vor einiger Zeit wurde der Herr Zaenker auch zu antonius gerufen. Im Hauptgebäude war ein zugemauertes Fenster geöffnet worden, und man hat dreihundert Fledermäuse entdeckt. Er hat die dann in eine Transportbox für Fledermäuse eingesackt – in so eine Kiste, wie bei Katzen, wenn sie zum Tierarzt gebracht werden. Normalerweise soll man Fledermäuse nicht in die Hand nehmen, weil sie Krankheitsüberträger sein können.
Die haben bestimmt scharfe Zähne. Ich würde mich nicht trauen, die in die Hand zu nehmen.
Ich auch nicht. Der Stefan Zaenker hat dann die Fledermäuse wieder freigelassen aus seiner Transportbox. Sein Nachbar hat den Schwarm gesehen und zu ihm am nächsten Tag gesagt: „Was erzählst du da immer, es gäbe zu wenig Fledermäuse? Gestern habe ich einen ganzen Schwarm gesehen!“
Wir sind dann wieder zurück nach Fulda gefahren, aber die anderen haben in den Fledermausquartieren bei Poppenhausen noch weitergezählt.
Wir bedanken uns ganz herzlich für die Erzählungen zu den Fledermäusen! Und dafür, dass du uns gesagt hast, wie wir uns verhalten müssen, damit die Fledermäuse sich nicht aufregen. Du hast auch gut erklärt, dass wir im Tunnel die Taschenlampen anmachen sollen.
Ich kann mich der Erika anschließen. Das war ein erlebnisreicher Tag im Milseburgtunnel. Bitte macht so weiter mit dem Ehrenamt! Die Leute von der Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz Fulda e. V. machen das der Natur zuliebe, also ehrenamtlich, wie bei antonius auch viele etwas ehrenamtlich machen. Es war eine reichliche und gute Information, lieber Stefan, vielen Dank.
Hilfreiche Informationen und Tipps rund um die Fledermaus finden Sie hier: