WIR ZEIGEN`S IHNEN

Erika Mechler und Andreas Sauer erklären Ihnen heute:

Liebe Leserinnen und Leser, in dieser Ausgabe gibt es ein Wintermärchen. Wir haben schon viel erlebt, aber noch keinen Traum in Weiß: Unsere Arme tun uns jetzt noch weh, denn wir mussten Schnee räumen in der Rhön! Nein, Spaß beiseite: Wir fuhren für Sie mit dem Schneeräumfahrzeug...

Als wir die Straßenmeisterei in Gersfeld erreichten, kamen wir vor lauter Schnee kaum auf den Parkplatz drauf. Da war die erste Frage gleich: Warum ist hier nicht geräumt? Wir mussten schon lachen. Das war der Mitarbeiterparkplatz – und wir waren ja sozusagen Leihmitarbeiter heute. Zuerst waren wir im Büro vom Leiter der Straßenmeisterei, dem Horst Buchenau. Wir haben ihm Fragen gestellt. Plötzlich kam Paul Kerber herein und sagte: „Ich muss mal unterbrechen, wir haben einen Einsatz“. Das war ein super Erlebnis, wir durften gleich mit ihm rausfahren. Die Polizei hatte angerufen: Es sind LKWs steckengeblieben auf der Höhe der Schwedenschanze. Als ich das hörte, ging mir einiges durch den Kopf. Für mich war das neu. Hoffentlich passiert uns nichts, habe ich gedacht. Erika durfte zuerst im Räumfahrzeug mitfahren, ich bin mit Arnulf hinterhergefahren.

Also für den Fahrer ist das schon anstrengend. Der muss ja immer aufpassen, damit er nicht in den Graben rutscht und nicht gegen die Schilder oder die schwarz-weißen Stangen fährt.

Die Leitpfosten.

Ja. Und nicht gegen die Leitplanken. Oder die Straßenlaternen. Da hat er immer einen Bogen drum gemacht. Er muss auch aufpassen, dass er mit der breiten Schaufel kein Auto anremmelt. Aber auch die Autofahrer müssen, wenn sie jetzt so ein Räumfahrzeug sehen, Rücksicht nehmen.

Auf der Schwedenschanze haben wir gewechselt. Wie ich da eingestiegen bin in das Räumfahrzeug – ich habe ja Probleme mit den Augen. Aber das war heute das geringste Problem. Es war ein super Gefühl: Man saß auf dem Sitz so hoch wie, ja, wie soll ich sagen…

… wie so ein Bischofsstuhl …

Genau, danke Erika: wie ein Bischofsstuhl! Oder um es richtig auszudrücken: Ich hab mich da oben gefühlt wie ein Schneekönig. Aber wenn man so ein Fahrzeug fahren muss … also ich möchte das nicht machen. Ich hab nicht so die Rundumsicht. Die müssen dauernd darauf achten, dass die Ampeln und Verkehrsschilder stehen bleiben. Das sind alles Hindernisse. Und wenn sie aus Versehen doch mal dranstoßen, müssen sie dafür auch geradestehen.

Wir fuhren dann noch weiter in die tiefste Rhön hinein, über Schmalnau ins Gichenbachtal, also in die Ungewissheit. Das war eine schöne weiße Landschaft mit vielen erholsamen Momenten. Aber von der Straßenmeisterei her gesehen war das ein ungutes Gefühl. Das Räumen war sehr spannend. Man hat viele Geräusche gehört und gesehen, wie der Schnee von den Leitplanken hochgespritzt war. Das war sehr interessant zuzugucken.

Für den, wo das eben interessiert, ist das schon interessant! Der Straßenwärter ist auch abwechslungsreich, der Beruf. Die lernen immer etwas Neues dazu und haben nicht immer dieselbe Arbeit. Die machen auch Rasenmähen im Sommer oder Hecken im Winter schneiden, wenn kein Schnee liegt. Und auch Straßen reparieren zum Beispiel.

Aber das Beste war wirklich, wie der Schnee wegflog …

Es gibt ja auch so Geräte, wo man die Blätter mit wegbläst. So war das auch mit dem Schnee, der
flog auch so weit weg. 

Wir hatten im Gichenbachtal eine Begegnung mit einem Traktor. Da musste das Räumfahrzeug extra ein Stück zurückfahren. Die Straße war viel zu eng, da war plötzlich alles blockiert. Ich habe den Herrn Kerber dann mal gefragt, ob das ihm noch Spaß macht, den Job zu machen. Das Witzige war, er hat als Antwort gegeben:

„Nee! Es gibt Situationen, da macht es mir keinen Spaß mehr, Andreas. Immer Nachts raus. Die Familie ist schon ein bisschen angeschlagen dadurch.“ 

Ja, wenn man immer vom Schlaf rausgeweckt, also angerufen wird, ...

Das ist so ähnlich wie bei der Feuerwehr, die müssen sich auch immer bereithalten. Oder auch die Polizei. Die stehen ja auch alle irgendwie in Verbindung, das haben wir heute gemerkt. Die koordinieren sich mit der Polizei und auch mit dem Wetterdienst. Der Herr Buchenau kriegt die Informationen vom Computer, wie das weitergeht: Da steht dann zum Beispiel S1, S2 oder S3. Das zeigt, wie stark es schneien wird.

Die Straßenmeisterei hat übrigens 24 Mitarbeiter eingestellt. Die müssen im Winter andauernd räumen. Um 2.15 Uhr in der Nacht geht's schon los. Drei Leute arbeiten noch im Büro. Und es gibt noch eine Außenstelle in Tann. Wo das dort genau ist, weiß ich nicht. Die Straßenmeisterei betreut ein sehr großes Gebiet. Die räumen in Osthessen bis an die Grenze von Thüringen und Bayern. Auf der anderen Seite bis Petersberg und Eichenzell. Insgesamt 370 Kilometer müssen geräumt werden, und das machen die mit acht verschiedenen Touren. Sie sind zuständig für Bundes-, Landesund Kreisstraßen.

Für die Autobahnen sind sie aber nicht zuständig. Auch nicht für die kleinen Straßen in den Dörfern.Das machen andere.

Die müssen manchmal auch Straßen absperren. Gerade, als wir da waren, war ein LKW-Anhänger in den Graben gefallen auf der B 284, das ist die Straße von Gersfeld nach Wüstensachen. Da musste voll gesperrt werden. Da wäre ich gern mitgefahren.

Die Straßenwärter haben es nicht so gut wie wir, die können sich nicht so oft ausruhen. Die haben zwar auch mal 'ne Pause, aber dann müssen sie gleich wieder weiter.

Der Herr Buchenau hat uns erzählt: Damals in 2001, es war der dickste Winter, da gab's keine Pausen, da mussten sie permanent raus beim Sauwetter: nur schlafen und fahren 14 Tage lang.

Da gibt es doch so ein Spruch … ach ja: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung.“ Und die Straßenwärter haben ja alle warme Kleidung angehabt.

Nicht nur warme, sondern auch Warnkleidung. Damit die Autofahrer sie sehen, wenn sie gerade eine Landesstraße absperren. Oder wenn es dunkelt, dass sie sichtbar gemacht sind! Was auch sehr spannend war: Als wir in das Salzlager in Gersfeld reingegangen sind. Da hab' ich nicht schlecht gestaunt. 

Der eine Arbeiter hat das Salz auf den Radlader geschaufelt und oben in das Räumfahrzeug reingeschüttet. 6 Tonnen pro Fahrzeug. Die Streuen auf den Quadratmeter aber nur einen Teelöffel voll. Das ist nicht viel.

Im Salzlager war aber schon eine riesige Menge: 2500 Tonnen allein in Gersfeld! Ein riesiger Berg lag da drin. Und in Tann gibt es nochmal 1500 Tonnen Salz. Das reicht ungefähr für einen Winter in der Rhön. Wenn das mal leer ist in Spitzenzeiten, bricht eine Welt zusammen für die Mitarbeiter. Einmal war es leer, da hatten die kein Salz mehr.

Da konnte auch keins geliefert werden. Erst später wieder.

Wir haben großes Glück gehabt, dass es geschneit hat bei unserem Termin. Wenn das nicht passiert wäre, wäre im Seitenwechselmagazin tote Hose gewesen. Mein Nachbar und ich haben gewettet, dass nach Weihnachten Schnee fällt. Ich wollte den Bericht unbedingt machen. Dann kam endlich der große Schnee, und die Sache ist wahrgeworden. Ich musste feststellen: Es ist doch nicht einfach mit dem Schnee, auch wenn wir ihn gern haben. Ihn von den Straßen wegzukriegen, ist Knochenarbeit ohne Ende. Ich bewundere, dass die Männer da so viel Herzblut reinstecken.

Es muss ja gemacht werden. Man kann den Schnee nicht einfach liegen lassen. Wenn jetzt mal so ein kleines Omachen hinfällt und bricht sich den Arm oder das Bein ... das finde ich nicht so gut. Das muss weggeräumt werden, auch vom Bürgersteig. 

Aber bei den Straßen gibt es trotzdem keine Schneeräumpflicht. Nur eine Verkehrssicherungspflicht: Das heißt, die Straße muss frei sein und funktionieren.

Ich möchte mich bei beiden, bei Herrn Buchenau und bei Herrn Kerber, sehr herzlich bedanken. Auch ein Lob an Hessen-Mobil, dass die uns den Tag zur Verfügung gestellt haben. Das gibt mir jetzt eine andere Sichtweise. Jetzt weiß ich, was Arbeit und was Hobby ist mit dem Schnee. Also den Unterschied. Das ist krass. Ich bin einfach nur sprachlos …

Und ich will mich bedanken, dass ich wieder was dazugelernt habe und Fragen stellen durfte. Und dass Herr Buchenau uns das noch mal auf der Karte und auf dem Computer gezeigt hat, das hat mich erfreut.

Ich habe den Herrn Buchenau noch gefragt, ob er auch Menschen mit Behinderung einstellen würde. Er hat gesagt: „Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich nicht ‚Nein!‘ sagen.“ Aber leider gibt es immer weniger Arbeitsstellen. Und das Geld fehlt – schade.

Ich wünsche den beiden, dass die das noch lange machen können. Vielleicht sehen wir uns ja mal im Sommern wieder, wenn ihr andere Arbeiten macht.

In diesem Sinne, eure Schneemänner
Erika Mechler und Andreas Sauer.

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