Wir zeigen`s Ihnen

Aufgezeichnet von Arnulf Müller und Steffen Waßmann

Bürgerprojekt L14 zwo im Klartext

Liebe Leser!

Diesmal waren wir für Sie in L14. Die AWO hat in der Lindenstraße ein Haus gemietet. Dort können die Leute von Fulda oder auch Vereine ihre Ideen ausprobieren. Es gibt da interessante Sachen zu entdecken. Bei vielen Initiativen geht es um Nachhaltigkeit: Das ist das große Thema. Wir finden, dass die Nachhaltigkeit heute in der Politik viel zu kurz kommt. Bei L 14 ist das anders.

Erika Mechler: braun | Andreas Sauer: schwarz

Normal ist das ja so: Die Leute gehen in ein Geschäft und wollen einfach nur kaufen.

Genau, Erika. In den Läden geht es immer darum, Geld zu verdienen.

Bei L14 sind die meisten ehrenamtlich da. Die tun auch was, verdienen aber kein Geld damit.

Es geht auch nicht darum, sich mit anderen zu messen, sondern darum, Erfahrungen zu sammeln und zu gucken: Wie können wir die Fehler, die andere machen, vermeiden? Zum Beispiel immer neue Sachen zu kaufen und viel zu viel wegzuschmeißen.

Aber ich meine: Ein Fehler kann ja immer mal verlaufen. Der Mensch, der ist nicht ohne Fehler. Das passiert immer wieder.

Das stimmt.

Ich will das Ganze mal genauer beschreiben. Wir kamen zuerst in einen Raum. Der hatte Wohnzimmeratmosphäre und war wie eine Bar eingerichtet. Das ist das Erneuerbar-Café. Das fand ich richtig schnuckelig. Der Christian Schmitt und die Helen Weissig sind bei L14 als Sozialarbeiter beschäftigt. Sie haben uns alles erklärt. Das war ein gutes Gefühl, da erst mal zu sitzen und was zu trinken. Aber am Anfang war es noch etwas unruhig.

Da kamen immer Leute rein, andere gingen raus. Wir mussten uns ja in das Gespräch hineindenken, um was es geht. Das war nicht so einfach.

Dann ging es weiter in die Erneuerbar-Werkstatt. Da ist es ganz anders, da herrscht Werkstatt-Atmosphäre. Man kann bei L 14 also Freizeit verbringen und arbeiten. Beides!

Die Werkstatt ist das Herzstück. Da werden ganz verschiedene Sachen repariert. Die machen dort wirklich alles, liebe Leser. Man kann alte Fahrräder hingeben, Elektrowerkzeuge oder Haushaltsgeräte.

Und wenn sie keine Ersatzteile haben, wird probiert, ob ein anderes Teil auch passt.

Normalerweise gehst du in eine Werkstatt, gibst dein Teil ab, und dann dauert es. Hier wird es sofort gemacht – wie es gerade reinpasst. Was die Leute dort hinbringen, ist für andere vielleicht Müll. Hier aber wird es repariert! Wenn man ein neues Gerät kauft, gibt es ja zwei Jahre Garantie. Wenn es danach kaputt geht, sagen die Hersteller: Schmeiß das weg, kauf die ein neues. Da bringt man es besser zu L14. Die gucken danach. Und wenn es nicht mehr zu Reparieren geht: Die machen das Beste draus. Die Helen hat gesagt, dass etwa 80 % der Sachen repariert werden können.

Da ist richtig viel!Und man kann auch selber mitreparieren...

...wenn man da clever ist. 

Ich hatte eine Metabo-Bohrmaschine mitgebracht. Wir sind daheim am Renovieren, und da ist sie durch die baulichen Maßnahmen kaputtgegangen. Ich habe sie dem Mechaniker, dem Reiner, gegeben. Der hat die Maschine aufgeschraubt und mit einem Phasenprüfer gemessen, wo der Fehler liegt. Wir hatten aber keine Zeit, solange dabei zu bleiben. Wir wollten ja die anderen Sachen anschauen. Irgendwann, als wir oben im Gebäude waren, habe ich dann schon gehört, dass die Bohrmaschine wieder lief. Und als wir später dorthin kamen, stand sie da: fertig repariert!

Danach haben wir uns die Küche von L14 angeschaut. Die sieht aus wie eine normale Küche, ist aber was Besonderes. Die Antje hat uns erklärt: Es ist eine „Küche für alle“. Da werden Lebensmittel, die im Supermarkt nicht mehr verkauft werden können, weil sie abgelaufen sind, doch noch verwertet. Lebensmittel wegzuwerfen geht eigentlich gar nicht. Deswegen bemühen sich die Leute von L 14, davon leckere Gerichte zu zaubern. Die Sachen sind noch völlig in Ordnung. Alle zwei Wochen veranstalten sie ein Treffen. Dabei wird auch das verwertet, was die Leute noch so mitbringen. Dann gibt es ein großes Festessen. Es kommen zwischen fünfzig und hundert Leute. Jeder kann hinkommen. Das ist besonders für Leute gut, die wenig Geld haben.

Wir sind dann zur nächsten Station gegangen, zur Gelben Rübe. Das ist ein Verein. Er bringt die Erzeuger direkt mit den Käufern zusammen. Viele davon sind Biobauern. Ich wunderte mich, dass die das über das Internet machen. Aber so vermeiden sie unnötige Fahrwege. Die Leute gucken, was es gerade gibt und bestellen das. Der Erzeuger bringt es dann zu L14 und die Leute holen es sich ab. Immer dienstags. Die wollen, dass alles frisch zum Verbraucher kommt. Und das Beste ist: Bei der Gelben Rübe wird erst gar nichts weggeworfen, weil ja alles abgeholt wird. Ein richtiger Laden ist das nicht, eher eine Abholstation.Es gibt auch eine kleine Bühne für Veranstaltungen, aber es darf nicht laut werden. Wir haben gefragt: „Was erwartet die Stadt von Euch?“ Da hat die Helen geantwortet: „Dass wir keinen Ärger machen“. Da mussten wir alle lachen.

Man darf da zum Beispiel keine laute Musik machen. Das stört die Nachbarschaft.

Es muss ja auch nicht so übermäßig laut sein wie auf dem Domplatz.

Dann gingen wir die Treppe hinauf zur Nähbar. Da geht es um Kleider, die in den Haushalten ausrangiert werden. Die beiden Männer, die da am Nähtisch standen, machten gerade Resteverwertung. Sie nähten z.B. aus alten Jeanshosen so Säckchen und Täschchen. Wenn man einen Riss in der Hose hat, kann man es aber auch reparieren lassen. Und man kann sich sogar das Nähen zeigen lassen.

Im selben Raum vorne ist der Kleidertauschladen. Ich hatte gleich einen guten Eindruck. Dann hab ich den Schmuck gesehen: eine wunderbare Kette, Gold mit dicken weißen Perlen! Da war ich ja total begeistert und hab sie in die Hand genommen. Vielleicht gehe ich noch mal hin und frage nach dem Preis.

Im Kleidertauschladen gibt es aber vor allem Kleider. Es ist eine Art Handel, bei dem man auch mit anderen Kleidern bezahlen kann. Vielleicht kannst Du Deine Kette ja mit anderem Schmuck bezahlen, Erika! Ein Wort, das wir oft gehört haben, war: Upcycling. Das war neu für uns. Das ist eine Art Oberbegriff und heißt ungefähr: Alt hin, neu raus! Beim Günter unten haben wir es das erste Mal gehört. Der war auch witzig, der Günter. Er hat uns seine Antik-Werkstatt gezeigt. Was mich besonders fasziniert hat, war die alte Tür, die er zu einer Garderobe umgebaut hat.

Da hat er hinten ein altes Regal für Schuhe angeschraubt und vorne Haken für die Kleider.

Das sah richtig cool aus. Der Günter ist wie ein Flohmarkthändler, der herumstöbert und dann entscheidet, was er aus einer Sache machen kann. Das ist ein Bastler, der ist mit Leib und Seele dabei.

Bei ihm standen auch alte Schaufensterpuppen herum. Ich habe die eine Puppe dann gefragt: Wo ist denn dein Arm geblieben?

Dann sind wir noch in die Siebdruckwerkstatt. Das Wort Siebdruck kommt von sieben, es wird Farbe gesiebt. Der Björn war so ein auffälliger Typ mit Hut. Er hat alles ganz locker rüber gebracht. Es hat einen ganzen Schrank voller Tücher und Taschen in verschiedenen Farben. Die werden bedruckt. Hauptberuflich ist der Björn was ganz anderes, wie die anderen Leute auch. Die kommen alle nach Feierabend in das L 14 und arbeiten ehrenamtlich. Es ist kein Muss. Sie engagieren sich drei bis vier Stunden, wie sie Lust und Laune haben. Denn es geht bei L14 auch ums Miteinander. Die Menschen sollen wieder Spaß und Freude haben, auch die, die keinen Job finden. Das ist für die Öffentlichkeit schön. Solche Initiativen sind Gold wert. Es gab insgesamt eine Menge interessanter Leute zu beobachten. Es gibt da alles, von Jugendlichen bis Senioren, kunterbunt gemischt. Sie waren allesamt sehr nett zu uns. Für mich ist es wichtig, dass die Welt sauber bleibt. Ich wünsche denen, dass sie noch lange so weitermachen. Und dass noch weitere Initiativen dort Wurzeln schlagen können. Vielleicht gibt es manch einen Leser, der jetzt sagt: Mensch, da gehen wir auch mal hin! Es lohnt sich auf jeden Fall.

Die Helen und der Christian haben sich die Mühe gegeben, damit wir das im Kopf begreifen können. Das hat uns sehr wohlsam getan. Da möchten wir uns bedanken.

 

 

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